Deutsch-Ungarischer Freundeskreis Paderborn e.V.
Német-Magyar-Baráti Társaság Paderborn

Kulturnachrichten

Zwei Nobelpreisträger aus Ungarn

Es ist die höchste Auszeichnung für Wissenschaftler: Jedes Jahr Anfang Oktober verkündet das Nobel-Komitee in Stockholm die Nobelpreisträger. Gekürt werden herausragende Leistungen aus den Bereichen Medizin, Physik, Chemie, Literatur, Frieden und Wirtschaft.

Nobelpreis für Medizin

Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an die 1955 in Szolnok (Ungarn) geborene Forscherin Katalin Karikó und den 64-jährigen US-Amerikaner Drew Weissman für Grundlagen zur Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen Covid-19. Beide arbeiten zusammen an der US-Universität von Pennsylvania, Karikó zusätzlich an der Szeged-Universität in Ungarn.


 

"Durch ihre bahnbrechenden Resultate, die unser Verständnis davon, wie mRNA mit dem menschlichen Immunsystem interagiert, grundlegend verändert haben, trugen die Preisträger zu dem beispiellosen Tempo der Impfstoffentwicklung während einer der größten Bedrohungen für die menschliche Gesundheit in moderner Zeit bei", hieß es vom Nobelkomitee. Der entscheidende Durchbruch gelang den beiden, als sie einen Baustein der mRNA austauschten und die mRNA daraufhin nicht mehr in der Zelle abgebaut wurde. Die Versuchsmäuse produzierten das gewünschte Protein.
Trotz weiterer Tiefschläge setzte Karikó ihren Weg fort und traf 2013 Ugur Sahin, der mit seiner Frau Özlem Türeci BioNTech gegründet hatte. Er habe ihr noch am selben Tag einen Job angeboten, sagte Karikó der "New York Times". Nach jahrelanger Zusammenarbeit hat sie das Unternehmen verlassen und ist seit Anfang Oktober 2022 nur noch dessen Beraterin.



Nobelpreis für Physik

Der Physiker Ferenc Krausz, ebenso Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina wie Katalin Karikó, wird mit dem Nobelpreis für Physik geehrt. Krausz erhält die Auszeichnung gemeinsam mit Pierre Agostini und Anne L’Huillier für ihre Forschung über das Verhalten von Elektronen in ultrakurzen Lichtblitzen. Krausz gilt als Begründer der Attosekundenphysik, die ultraschnelle Bewegungen von Elektronen in Echtzeit beobachtet und erforscht.



Ferenc Krausz wurde 1962 in Mór (Ungarn) geboren. Mór ist ein bedeutendes Zentrum der ungarndeutschen Minderheit und liegt 64 Kilometer südwestlich der ungarischen Hauptstadt Budapest. Er studierte Elektrotechnik an der Technischen Universität Budapest und Theoretische Physik an der Eötvös-Loránd Universität in Budapest. 1991 promovierte er in Quantenelektronik an der Technischen Universität Wien, an der er nur zwei Jahre später auch habilitierte. Von 1999 an war er Professor an der Technischen Universität Wien, im Jahr 2000 wurde er Direktor am Zentrum für „Advanced Light Sources“. 2003 folgte Prof. Krausz dem Ruf als Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik, an dem er die Abteilung Attosekundenphysik leitet. Seit 2004 hat er einen Lehrstuhl für Experimentalphysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Eine Attosekunde ist der milliardste Teil einer milliardstel Sekunde. Mit Laserpulsen, die nur einige Attosekunden dauern, lassen sich die Bewegungen einzelner Elektronen verfolgen. Dies ermöglicht nicht nur fundamentale Erkenntnisse über das Verhalten von Elektronen in Atomen, Molekülen und Festkörpern, sondern könnte unter anderem auch dazu beitragen, schnellere elektronische Bauteile zu entwickeln. Auf der Basis seiner Forschungen sind neue Arbeitsgebiete entstanden, wie beispielsweise die hochauflösende Mikroskopie lebender Organismen. Zudem hat er Laser entwickelt, die bei der Diagnose von Augen- und Krebskrankheiten eingesetzt werden können.

 

Novak: Alle Ungarn sind stolz

Staatspräsidentin Katalin Novák war Gastgeberin eines Gala-Dinners zu Ehren der diesjährigen ungarischen Nobelpreisträger, der Biochemikerin Katalin Karikó und des Physikers Ferenc Krausz.

 

„Alle Ungarn können stolz sein, Ungarn feiert den weltweiten Erfolg zweier großer Köpfe“, begann die Staatspräsidentin ihre Festrede in der Pester Redoute (Vigadó.) Für Katalin Karikó und Ferenc Krausz war das Wissen, das sie von ihren ungarischen Lehrern an den ungarischen Schulen erhielten, prägend. Novák bat deswegen die beiden frischgebackenen Nobelpreisträger, „bei den derzeitigen hitzigen Debatten über das ungarische Bildungswesen mitzuhelfen, den richtigen Weg zu finden“.

Quellen:
Presseberichte, Veröffentlichungen der Leopoldina, Budapester Zeitung  

 

 




200 Jahre Sándor Petöfi, ungarischer Nationaldichter


Die Ungarn sind ein lyrisches Volk. Sie brachten stets zahlreiche Dichter, Poeten und Lyriker hervor. Wenn man jedoch einen Ungarn bittet, einen Dichter zu nennen, so erhält man vor allem eine Antwort: Petöfi. Er ist ein Phänomen, wie es Burns für die Schotten ist, Baudelaire für die Franzosen, Puschkin für die Russen und Goethe für die deutsche Literatur: ein Nationaldichter. Sein Gedicht „Nationallied“ ist mit dem ungarischen Nationalfeiertag, dem 15. März, untrennbar verbunden. Bis heute ist Petöfis uneingeschränkte Verpflichtung gegenüber der Freiheit nicht in Vergessenheit geraten, sie lebt und wirkt fort: mit einem seiner Gedichte wurde 1990 das freie ungarische Parlament eröffnet.   gerade Inhalte für diese Seite. Um unseren eigenen hohen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden benötigen wir hierfür noch etwas Zeit.

Szabadság, szerelem!
E kettö kell nekem.
Szerelmemért föláldozom
Az életet,
Szabadságért föláldozom
Szerelmemet.
(Budapest, 1. Januar 1847)


Freiheit und Lieb´ allein
Erfüllen mein ganzes Sein!
Für meine Liebe
Will ich das Leben,
Für die Freiheit
Meine Liebe geben!
(Ü.: Ladislaus von Neugebauer)



Sándor Petöfi wurde am 1. Januar 1823 in Kiskörös geboren. Es ist ein typisches Landstädtchen der weiten kumanischen Ebene, durch die früher die Hirten mit ihren großen Herden zogen. Die landwirtschaftlich geprägte Stadt ist ein bedeutendes Weinbaugebiet mit insgesamt 64 Traubensorten. In einem seiner Gedichte besang er eine Kneipe am Ende des Dorfes, die Kurta Kocsma, die heute noch besteht und ein beliebtes Speiselokal ist. In seinem Geburtshaus befindet sich heute ein Gedenkmuseum.

 

Sándor Petöfi verlebte eine wechselvolle Jugend, wodurch er eine unregelmäßige Schulbildung erhielt. Diese Lücken glich er durch großen Eifer im Lesen und im Erlernen von Sprachen aus. Er verdingte sich als Statist und Theaterdiener, war Soldat in der österreichischen Armee, dann Wanderschauspieler und daneben auch Student. Zu seinen Lieblingsdichtern zählten u. a. Schiller, Lenau und Heine. Im Jahre 1842 erschien zum ersten Mal ein Gedicht von ihm, zwei Jahre später eine erste Gedichtsammlung. 1844 bekam er eine Stelle als Hilfsredakteur in Pest und seine Werke erschienen in schneller Folge. 1846 gründete er die „Jakobinische Gesellschaft der Zehn“, aus der die Führer der Revolution hervorgingen, u. a. Lajos Kossuth. Nach dem Erscheinen seiner gesammelten Gedichte im Jahr 1847 wurde Petöfi gefeierter Mittelpunkt des literarischen Lebens. Von großem Einfluss auf sein dichterisches Schaffen war die leidenschaftliche Liebe zu Julia von Szendrey, die er 1847 heiratete. Im selben Jahr schloss er Freundschaft mit Janos Arany, der die ungarische Literatur ihren schönsten Briefwechsel verdankt. 1848 trat Petöfi an die Spitze der Pester Jugend und wurde einer der geistigen Führer der Märzrevolution. Am ungarischen Freiheitskampf gegen die Habsburgermonarchie nahm er persönlich teil und kämpfte 1849 unter dem legendären General Bem als Adjutant. Seit der Schlacht bei Sighişoara (Schäßburg) am 31. Juli 1849 wurde er nie wieder gesehen und auch sein Leichnam wurde nie gefunden. Er starb auf dem Schlachtfeld, wie er es in vielen seiner Gedichte prophezeit hatte.

 

 

Restaurant Kurta Kocsma in Kiskörös

Geburtshaus in Kiskörös

DUF in Kiskörös 2014

Petöfi-Museum Kiskörös

Petöfi-Museum Kiskörös

Petöfi-Museum Budapest

Denkmal in Bratislava

Denkmal in Kiskörös

Denkmal in Schäßburg

Anmerkung: Beim Anklicken der Bilder = Vollbild

"Wenn ich den Namen Ungarn hör, wird mir das deutsche Wams zu enge“, schrieb Heinrich Heine in seinem Gedicht „Im Oktober 1849“ zu einem Zeitpunkt, als „der Freiheit letzte Schanz“ in Europa gefallen und „auf einem Schlachtfeld Ungarnlands“ auch der Dichter verblutet war, dessen Name untrennbar mit der Revolution 1848 und dem nationalen Freiheitskampf Ungarns verbunden ist. Heine kannte nur einen Bruchteil jenes erstaunlichen Lebenswerkes, das der 26jährige Bauernjunge hinterließ, dass aus 850 Gedichten, neun größeren Versepen, einem Drama, einem Roman, mehreren Erzählungen, Reisenotizen und Briefen sowie Publizistik bestand. Von den Dichtungen Petöfis, der heute nach zu den in Ungarn meistgelesenen Schriftstellern gehört, sind allein in deutscher Sprache 16000 Übersetzungen erschienen.


Sándor Petöfi "An die Dichter des Neunzehnten Jahrhunderts"

1. Kein Sänger sollte in die Saiten
ohne Besinnen greifen heut,
denn hohe Pflichten zu erfüllen
hat der Poet in dieser Zeit!
Wer nur von seiner eignen Freude,
vom eignen Schmerz sich fühlt bewegt,
ist nicht vonnöten und tut besser,
wenn er die Laute niederlegt.


2. Wir irren heute in der Wüste
wie einst das Volk von Israel,
doch Moses, der der Feuersäule
Jehovas folgte, ging nicht fehl.
Uns hat der Schöpfer heut den Dichter
als Fackel für den Weg gesandt,
als Führer, der das Volk geleite
ins heilige, Gelobte Land.


3. So führt das Volk voran, ihr Dichter,
durch Feuer, Flut und Wüstensand!
Fluch dem, der sinken lässt die Fahne
und wegwirft gar mit feiger Hand!
Fluch allen, die sich ferne halten
aus Trägheit und Bequemlichkeit,
im sichren Schatten ruhn, indessen
das Volk nur Mühe kennt und Leid.




4. Falsche Propheten gibt's, die sagen:
"Legt doch die Waffen aus der Hand!
Was ihr ersehnt, ist längst errungen!
Ihr lebt schon im Gelobten Land!"
Doch Lüge ist's! Seht die Millionen,
die tot sich rackern rings im Feld
und mühsam nur ihr Leben fristen,
von Durst und Hunger stets gequält!


5. Erst dann, wenn jeder gleichberechtigt
Platz nehmen darf am Tisch der Welt,
erst dann, wenn jeder gleichermaßen
sein Teil vom Überfluß erhält,
wenn durch die Fenster aller Hütten
das Licht der Bildung Einzug fand,
erst dann ist's Zeit für uns zu rasten,
erreicht ist das Gelobte Land.


6. Solange darf's nicht Ruhe geben,
kein Ende unseres Gerichts!
Lohnt unsre Opfer, unsre Mühe
die Welt dereinst uns auch durch nichts,
der Tod wird unsre Augen küssen,
selig sinkt unser Leib hinab
und schläft mit ruhigem Gewissen
im wohlverdienten, stillen Grab.


Quelle: Meyers Enzyklopädisches Lexikon / „Der Deutsche Petöfi“ Verlag der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft / Európa Diakkönyvtár „Petöfi Sándor Válogatott versek“

E-Mail
Anruf